Eine Brandmauer gegen die Barbarei
Weltanschaulicher Extremismus in vor allem religiöser Gestalt, eine sich verschärfende Klimakrise und anhaltendes Artensterben, das Wachsen von sozialen und ökonomischen Polarisierungen: Die Gegenwart biete auch heute keinen Anlass, unbesorgt in die Zukunft zu blicken, hob Bauer hervor. „Fast überall auf der Welt haben im Zuge sich überlagernder Krisen antihumanistische Kräfte an Wirksamkeit und Einfluss gewonnen. Es hat zwar in vielen Ländern auch hin und wieder Fortschritte gegeben, die begrüßenswert sind. Doch die Gegner*innen kosmopolitischer, freiheitlicher und emanzipativer Haltungen konnten sich leider vielerorts neu formieren, um diese Fortschritte zu bekämpfen – manchmal mit Erfolg“, sagte er. „Gerade in manchen Ländern der amerikanischen Kontinente sehen wir derzeit, wie die Ablehnung wissenschaftlicher Erkenntnisse und das Verharren in religiösen Heilserwartungen zu millionenfachem Leid führen kann.“
Pandemien wie die jetzige seien eine Bewährungsprobe für die Menschlichkeit. „In der Geschichte sind sie kein ungewöhnliches Ereignis, Menschen aller Jahrhunderte erlebten länderübergreifende Epidemien. Doch haben sich bei ihrer Bekämpfung in den letzten Monaten die Stärken des Humanismus gezeigt: Die Orientierung an wissenschaftlichen Fakten, kritisches Denken gepaart mit mitmenschlicher Solidarität und Zuwendung – damit bietet Humanismus verlässliche Methoden, auch schwerste Probleme zu bewältigen. Eine humanistische Haltung hilft dabei, sich gegen das Risiko zu wappnen, übertriebenen Angstszenarien und kruden Verschwörungstheorien zu erliegen. In Krisen wie dieser rational, faktenorientiert und fair zu handeln – das ist einer der Beiträge, die der weltanschauliche Humanismus zur Bewältigung dieser momentanen Krise leisten kann und leistet.“
Mit Blick auf die Entwicklung der menschenrechtlichen Lage in der Welt betonte Michael Bauer, dass es kein Naturgesetz gebe, das dauerhafte zivilisatorische Fortschritte in der menschlichen Gesellschaft garantiert. „Täglich müssen Millionen Menschen auf allen Kontinenten erleben, dass die Grundsätze der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte für sie nicht wirken“, so Bauer weiter. Wer diese menschenrechtlichen Grundsätze ablehnt oder sogar bekämpft, fördere antihumanistische Zustände. „Praktizierter Humanismus in all seinen vielfältigen Formen bildet eine Brandmauer gegen solche Barbarei. Am World Humanist Day haben wir Humanistinnen und Humanisten durchaus viele Gründe, auf das Erreichte stolz zu sein – und am nächsten Tag die Verpflichtung, beim Aufbau einer menschlichen Weltgesellschaft nicht nachzulassen.“